Abseits der ausgetretenen Ideale des fotografisch Formschönen verfolge ich eine andere Art der Naturfotografie.

Nicht diesen plattgeliebten Postkartenmotive gilt mein besonderer Blick, sondern der Reduktion und Abstraktion. Wabi-Sabi, das Schöne im Leisen. Es entstehen so nur einfache Fotos, Fokussierschärfe gibt es kaum. In den Bildern ruht immer eine leichte Melancholie. Das ist dann eine ganz andere Art des Fotografierens, sich gehen lassen, völlig ohne jede Absicht zu fotografieren, geduldiger werden. Nach dem Motto „ Solange du nach dem Glücke jagst, bist Du nicht reif zum Glücklichsein“. (Zitiert aus Martin Timms: „Haiku fotografieren“)

Diese Art der Fotografie betont die Schönheit von Patina. Martin Timm: „In wohlverdientem Glanz ermatten dürfen. Erfüllt, erschöpft und welkbereit sich zurückziehen, nichts mehr beweisen müssen, sich zurücklehnen und endlich für sich sein können.“ Die Patina spiegelt das wieder, deshalb gehört sie ins Bild.

Diese Vereinfachung in der Fotografie lässt ich gut vereinen mit Haikus, denn im Haiku geht es immer darum, dass ich zufällig etwas beobachte oder empfinde. Für mich bildet die Wabi – Sabi – Fotografie und Haiku eine Einheit. „Das Einfache ist nicht immer das Beste. Aber das Beste ist immer einfach“ (Architekt Tressenow)

Haiku bezeichnet ein extrem kurzes Gedicht, das traditionell aus Japan kommt.

Genaugenommen kann man Haikus gar nicht machen, man kann sich ihnen nur annähern, sie können einem nur begegnen. Das Stichwort beim Haiku ist immer „die Natur“, also alles was lebt.

Im Haiku gibt man Sinneseindrücke wieder, die etwas ausgelöst haben. Ein Haiku ist konkret. Gegenstand des Haiku sind die Natur und die Menschen . Abgebildet wird eine einmalige Situation oder ein einmaliges Ereignis. Diese Situation oder dieses Ereignis wird als gegenwärtig dargestellt. Im Haiku findet sich oft ein Bezug zu den Jahreszeiten.

Haikus sind kurz und schlicht ( meist 3 zeilig ) und doch schaffen sie es, den Leser in den Bann zu ziehen. Diese Einfachheit liegt vielen japanischen Dingen zu Grunde und diese versprühen einen einzigartigen Zauber.

Die Haiku – Kompositionen sind eine Mischung aus kleinen Geschehen, also Minimalismus, Reduktion und innerer Ruhe, was sich hier auch in den Fotografien ausdrücken soll.

 

  • Endlich anhalten
  • in der unheimlichen Dunkelheit
  • Tunnelwände

  • Gefangen
  • im Dunkel der Gefühle
  • endlos

  • Nacht
  • kommt in meine Stille
  • Wetterleuchten

  • Die Quellen
  • könnten versiegen – in uns Leere
  • Schnee wird fallen

  • Oh Herbst
  • der Wind streicht mir wie deine Hände
  • durch mein Haar

  • Seit du gegangen
  • wurden es lange Tage
  • warten, warten

  • Abschiede
  • ich habe mich hineingeträumt
  • in deine Worte

  • Kaum Erde berührt
  • ist der erste Schnee lautlos
  • beinah zerronnen

  • Die Glut erlischt
  • am Himmel leise
  • ziehn die Sterne auf

  • Langsam, Tag an Tag
  • reihen sich aneinander
  • vergangene Dinge.                                                                   Yosa Buson 17 84  ein japanischer Dichter und Maler der Edo-Zeit

  • Geliebter
  • es gibt kein Niemandsland
  • Schweigen

  • Sich selber
  • sehen mit den Augen  der Anderen
  • den Traum austräumen

  • Wir zwei,
  • wie langen waren wir genarrt
  • Tanzen im Wind

  • Die Liebe
  • die uns sicher erscheint, erachten wir
  • am geringsten

  • Abendstunde
  • der Klang der Gläser
  • ein neuer Ton

  • Keine Worte
  • für das Licht
  • das mich streifte

  • Komm, lass uns schlafen gehn
  • das neue Jahr ist eine
  • Sache von morgen                Yosa Buson

  • Chaos sei willkommen
  • denn die Ordnung hat
  • versagt

 

  • Sonnenuntergang
  • die leuchtenden Gesichter
  • verblassen wieder

  • Geständniss –
  • die Worte werden genauer
  • im Dunkeln

  • In einen alten Teich
  • springt ein Frosch
  • Wasserplätschern                   Yosa Busu

  • Novembersonne
  • gelb leuchten die Blätter auf
  • bevor sie verlöschen

  • Allein gewandert
  • Am Abend der fremde Klang
  • meiner Stimme

  • Erster Tag im  Jahr
  • nichts ist böse, nichts ist gut
  • sondern alles – lebt

  • Morgenstille
  • da kamen weiße  Wolken
  • traumbeschwert

  • Es ist wie mit dem Meer
  • Die Leute können es noch so oft beschreiben
  • man muss es selber sehen

  • In der anderen Welt
  • wünsche ich mir einen Fluss
  • und ein paar Bäume                                    Basho  1644-1694

  • Am einem Abend im Herbst
  • ist es nicht leicht
  • ein Mensch zu sein       Issa 1763-1827

  • Erst wenn das Laub fällt,
  • werden sie sichtbar am Zweig
  • die neuen Knospen                            M. Groissmeier

  • Was ich nicht sehe
  • existiert das nun
  • oder existiert das nicht?        M. Groissmeier

  • Meinen Vater und meine Mutter
  • vermisse ich ständig
  • das klingeln der Spieluhr         Bashu

  • Ein lichter Baumhain
  • Sommerwind streicht dort hindurch
  • Kümmernis vergessen

  • Kirschblüten
  • unvergesslich mir!
  • Morgenrot

  • Vor Sehnsucht
  • hatte ich Mühe zu schlafen
  • leidgewohnt

  • Was Wunder,
  • wenn die Tränen
  • trocknen nicht

  • Lautlos
  • verlässt das Blatt den Baum
  • voller Farben

  • Selbst als Geist
  • hätte ich Freude daran
  • über die Sommerwiese zu streifen        Hokusai

  • Grün grüne Erscheinung
  • Glocken, Sterne, Kugeln
  • grünes Buchenkleid

  • Aus winterlichem Schnee
  • wird morgens plötzlich Regen
  • oh Frühling, bist du da?

  • Vogelzug am Himmel
  • sie kennen Weg und Ziel.
  • Wohin wandern wir?

 

  • Grabhügel wanke!
  • Meine Klagestimme weint
  • wie herbstlicher  Wind             Basho

  • Der Gott ist fern
  • ich lenke meinen Schritt dorthin
  • wo der Kuckuck ruft

  • Rote Beeren
  • schmiegen sich zärtlich aneinander
  • üppige Fülle

  • Das Islandmoos
  • im zartgrauen Spitzenkleid
  • zittert vor Kälte

  • Des Schwanes
  • Wegflug und Wiederkehr – ohne Spur
  • sind sie

  • Mohn
  • aus heimlicher Glut
  • flüchtig entschwunden

  • Dem Himmel so nah
  • Doch ist der Vogel gefangen
  • in einem Käfig aus Leid

 

  • Sei Tag zu mir
  • diesseits deiner Augen
  • ist Nacht

  • Dornen, Dornen,
  • haltet nichts auf – hemmt nicht
  • meinen Lauf

  • Flüstern
  • gegen die Einsamkeit
  • Ketten